Es ist doch nur ein Buch…

Verkaufen sich Bücher gut wenn sie gut geschrieben sind – oder was kann man an Gründen anführen?

Wenn das literarische Quartett im ZDF ein Buch besprochen hat, dann war es, in den auf die Ausstrahlung folgenden Tagen, durchaus problematisch an dieses Buch zu gelangen. Der Umsatz hatte meist nichts mit einer objektiven Qualität des Werks zu tun – Marcel „200 Seiten weniger“ und seine Freunde waren einfach ein gutes Marketinginstrument. Wobei „gut“ einen relativen Wert beschreibt. Die Marketingstrategen rund um Harry Potter haben da ganz andere Vorstellungen.

Google liefert heute, am Tag der Veröffentlichung des letzten Bandes, 4.490.000 Treffer für die unscheinbar klingende Zeichenfolge „Harry Potter“ auf deutschsprachigen Websites. Nicht schlecht.

Am Anfang hat sich die Vermarktung des inzwischen weltweit bekanntesten Zauberlehrlings primär auf Konzepte des viralen Marketings (treffender als „Mund-Zu-Mund-Propaganda“ bekannt) gestützt. Das will uns zumindest die Legende glauben machen. Praktisch beruht der Erfolg von Harry, seiner Schöpferin und allen angeschlossenen Vertriebsorganisationen, Filmproduzenten und weiteren Wertschöpfungsketten – von Anfang an – auf der wohl bisher besten Marketingstrategie die je einem Text zu Teil wurde. Das Franchising mit der Marke „Harry Potter“ hat laut US-Magazin „Forbes“ einen Wert von rund einer Milliarde Dollar (auch wenn der Dollar fast nix mehr wert ist: das sind immerhin runde 750 Millionen Euro). Schon die ersten vier Filme über Harry & Friends haben runde 3.5 Milliarden Dollar eingespielt. Diese Summe beinhaltet immerhin 200 Millionen verkaufte DVDs. Weitere Zahlen will ich lieber nicht bringen, denn damit würde ich nur einem wesentlichen Aspekt des Potter-Marketings verfallen: egal in welcher Form Harry gerade das Tageslicht erblickt, immer wird sein Erscheinen von monströsen Zahlen begleitet. Ob das nun die am ersten Tag verkauften Titel sind (nehmen wir z.B. die 150.000 Vorbestellungen bei Amazon für den am 1. Oktober erscheinenden letzten Band in deutscher Übersetzung), oder die Zahl der Kinobesucher in der ersten Woche. Alter Trick. Funktioniert aber prächtig. Seltener werden Zahlen in folgender Weise aufgeführt: „Harry Potter und der Stein der Weisen“ rutschte in Deutschland 5,1 Millionen Mal, der letzte Band nur noch 3,7 Millionen Mal über die Ladentische (die Zahlen sind nicht mehr ganz frisch – aber die Tendenz steht).

„Harry Potter ist, so sehen das zahllose geplagte Eltern, zu einem profitsüchtigen, vom Medienhype inflationär aufgeblähten toxischen Bergtroll mutiert.“ (die Welt)

Geht der erste Band durchaus noch als Kinderbuch durch, so lässt sich dieser Anspruch bei den letzten Bänden nur noch halten, wenn wir gleichzeitig Filme wie „Das Omen“ (ich meine natürlich Teil 1) oder diverse Steven King Verfilmungen im Kinderzimmer durchgehen lassen. Potterchen ist für ein Kinderbuch ganz schön düster geworden und damit sollte sich eigentlich auch die Zielgruppe verschieben. Tut sie anscheinend aber nicht – weil der Hype, genau wie der Zug nach Hogwarts, schon lange abgefahren ist und die Marketingspezis einfach weiter machen wie bisher. Funktioniert ja bestens. Sie streuen einfach ein paar Gerüchte wie den Tod des Protagonisten (schlimm) oder das weniger Bücher ausgeliefert werden als Bestellungen vorliegen (ganz übel) und schon geht der Hype weiter. Praktisch ist auf jeden Fall, dass Harry mit seinen Lesern altert und die vertragen jetzt natürlich auch eher die finsteren Sujets der letzten Bände. Also doch die Zielgruppe genau getroffen?! Das Manager-Magazin nennt das „Harry-Potter-Marketing“ [1].