Haften Sie doch selber!

Ein kleiner Exkurs über meine liebsten eMail-Ergänzungen

Immer mehr eMails werden mit lustigen Zusätzen zu Staatsgeheimnissen erklärt und die Rezipienten sollen vergessen, was sie soeben gelesen haben – sonst… ja sonst! Eine kleine Betrachtung über die Sinnlosigkeit der Disclaimer in eMails.

Ich würde schätzen, ca. 1/3 der Daten die ich via eMail erhalte, gehören im weitesten Sinn zu Kategorie Signatur. Hier finden sich, oft seitenlang, unterschiedliche Adressen, Kommunikationsschnittstellen (vulgo: Telefonnummern), Trophäen (Mitglied im Club XYZ, Preisträger von, Titelträger des Dummen August am Bande…) und, meine persönlichen Lieblinge: Disclaimer.

Das seit Januar 2007 ein „Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG)“ bei gewerblichen eMails gewisse Pflichangaben einfordert, hat nicht gerade zu einer Verschlankung der eMails geführt. Dass intelligente Mailprogramme bei jeder Antwort fleißig gleich auch die Füßchen der eMails kopieren (also auch die Signaturen der Antwort auf die Antwort auf die…), setzt dem Ganzen dann die Krone auf. Zwar müsste nicht jeder Mitarbeiter seine eMail-Signatur entsprechend diesen Vorgaben anpassen, sondern nur solche, die für das Unternehmen rechtsverbindlich tätig werden; wie zum Beispiel Prokuristen oder Geschäftsführer – aber sicher ist sicher – und wen interessiert eigentlich der Inhalt der eMails?

Zurück zu meinem Liebling – dem Disclaimer. Laut Wikipedia haben wir es bei dem Disclaimer mit einem „terminus technicus für einen Haftungsausschluss“ zu tun, der dem englischen „abstreiten“ entstammt. Gut, schlauer sind wir jetzt, geht auch direkt weiter.

Es ist doch reizend, wenn ich am Ende einer eMail darüber informiert werde, dass ich soeben einen vertraulichen Inhalt konsumiert habe – immerhin stehen diese Dinger ja immer am Ende der eMail – also, erst wenn ich das Eis gegessen habe, kommt der Hinweis: macht dick… Ich werde aufgefordert, sollte ich nicht der „vorgesehene Adressat“ der Mail sein, das gerade Gelesene sofort wieder aus meinem Gedächtnis zu streichen. Jetzt habe ich ja tatsächlich ein staatlich geprüftes Gewissen – aber mein Gedächtnis funktioniert leider noch nicht so wie es der Disclaimer verlangt.

Woher weiß ich eigentlich, ob ich nun der Adressat bin oder nicht? Im Disclaimer steht ja nur „Der Inhalt dieser eMail ist vertraulich und ausschließlich für den bezeichneten Adressaten bestimmt“ und eben nicht „… ausschließlich für Herrn Peter Schmitz … bestimmt“ – bin ich jetzt ein Adressat oder bin ich keiner?

Eine andere, durchaus spaßige Betrachtung erlaubt die Feststellung, dass es schlichtweg unmöglich ist, jemanden anders ohne dessen Zustimmung im Rahmen des Privatrechtes zu einer Pflicht zu verdonnern. Warum schreibt eigentlich niemand unter die eMailsWer die eMail liest, schuldet mir 100 Euro, zahlbar innerhalb von 3 Tagen„? Wieso kommen die ganzen Disclaimer-Fans nicht auf die Idee, dass ich nicht per einseitige Willenserklärung jemanden zu etwas zwingen kann?

Kann es sein, dass die Disclaimer aus einem ganz anderen Grund eingesetzt werden? Eine, ohne diesen Zusatz, völlig sinnbefreite und unwichtige eMail wird plötzlich hoch offiziell und damit wichtig. Was die Uniform für den Hauptmann von Köpenik, das ist der Disclaimer für die eMail.

Falls eine eMail wichtige Inhalte oder gar Geheimnisse enthält, dann kann man mit PGP und Co. die eMail signieren und/oder verschlüsseln. Das macht nur niemand – lieber sinnfreie Texte drunter schreiben.

Bevor ich es vergesse – natürlich übernehme ich keine Gewähr für die Vollständigkeit der Angaben und hafte nicht für etwaige Bußgelder. Und für Links hafte ich eh nicht – nie und nimmer.