Da biste platt…

Ein Pääd = Kölsch für „ein Pferd“, iPad = US Kunstwort für etwas Neues…

Neben der Arbeit mit dem Thema Usability beschäftigen wir uns ganz schön intensiv mit Entwicklungen rund um Apples Mobiltelefon – dem iPhone. Seit ein paar Wochen liegt das SDK für OS 3.2 auf unseren Rechnern und wir gucken uns die Ergebnisse in einem iPad Emulator an. Vor 14 Tagen sind nun zwei echte, richtige, leibhaftige iPads bei uns gelandet und wieder sind wir tief beeindruckt. Alles ist wieder mal noch schöner, schneller und irgendwie von einem anderen Stern.

Lassen Sie sich nix erzählen! Das iPad ist kein großes iPhone. Neee. Direkte verwandschaftliche Beziehungen bestehen ohne Frage. Aber hier liegt kein Riesentelefon vor uns. Nur weil ich als Motorradfahrer einen Helm trage, bin ich ja noch lange kein Ritter (…obwohl…). Das iPad gehört in eine andere Kategorie als das iPhone. Der zusätzliche Raum für das GUI, das Gewicht, neue UI-Komponenten (Splitviews in erster Linie) verdammt viel Platz für Gesten mit dem Fingerchen – das ist alles irgendwie neu und anders.

Gucken wir uns doch mal ein paar Twitter Anwendung an, die wir schon vom iPhone her kennen. Ob Twitepad, Twitterriffic, TweetDeck oder eine beliebige andere zur Zeit verfügbare Lösung. Keine der Anwendungen funktioniert auf dem iPhone wirklich gut. Alle haben ein Platzproblem… Zu viel Platz und keine gute Idee, wohin damit. Auf dem iPhone bin ich froh, dass die Sinnhaftigkeit eines Tweets maximal 140 Zeichen benötigt. Weniger ist mehr. Passt einfach prima. Auf dem iPad verlieren sich diese 140 Zeichen aber in der Unendlichkeit von 1024 * 786 Pixeln. Fünf mal mehr Fläche hört sich nicht besonders beeindruckend an. Aber stellen Sie sich einmal vor, ein Fußballspiel würde fünf mal so lange dauern – sehen Sie, jetzt haben wir endlich den Salat. Was machen die Twitter Apps? Sie kleben wahllos vier, fünf Spalten mit den Tweets, den direkten Antworten und Erwähnung einfach mal nebeneinander. Der eine oder andere packt dann, als Highlight, gleich noch eine HTML-View daneben. Uff – endlich ist der Bildschirm auf dem iPhone voll. Ich kann jede Spalte verschieben, scrollen und einzelne Tweets anklicken. Wow. Und wo ist jetzt der zeitliche Zusammenhang geblieben? Warum erkenne ich nicht endlich – der Platz ist jetzt ja da – den Zusammenhang von Tweet, Re-Tweet oder direkter Antwort? Wieso kann ich nicht via „Pinch“ einen Link im Tweet zu einer kleinen Webview aufziehen oder ein Bild hervorholen? Wo sind die Zusammenhänge? Warum bedeutet mehr Platz automatisch mehr Chaos?

Beim Betrachten der von Apple so gerühmten New York Times auf dem iPad kommt sofort der Gedanke: das konnte schon der Tagesprophet bei Harry Potter besser. Dabei hätte das iPad locker das Potential, das Thema „Tageszeitung“ in ganz neue Sphären zu heben und damit meine ich nicht nur die Einbettung von Videos, sondern viel mehr ein innovatives Interface, social networking Funktionen und die Möglichkeit einer sehr, sehr weit gehenden Personalisierung der Inhalte.

Immerhin funktioniert schon die Übertragung von „Mehr Fläche“ zu „Mehr Geld“ – die iPad Anwendungen, obwohl nicht unbedingt aufwendiger in der Entwicklung, kosten im App Store gleich mal das Doppelte. Versuchen kann man es ja mal.